Gastbeitrag: Daimler AG beim Thermofenster unter Druck - Verbraucherhilfe24

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08. Juli 2020

Dieselgate

Gastbeitrag: Daimler AG beim Thermofenster unter Druck

Das Oberlandesgericht Köln hat die Daimler AG in einem Verfahren dazu aufgefordert, die Funktionsweise eines Motors im Hinblick auf das Abgaskontrollsystem zu erklären (Az. 24 U 410/19). Dabei geht es insbesondere um die Steuerung der Abgasrückführung und den Motorschutz durch eine temperaturabhängige Abgaskontrolle (sog. Thermofenster).

Im Diesel-Abgasskandal der Daimler AG hält somit die Trendwende an. Damit steigen die Chancen der Verbraucher vor Gericht zu obsiegen deutlich. Zahlreiche Landgerichte haben in der jüngeren Vergangenheit pro Verbraucher geurteilt, so etwa das Landgericht Stuttgart (14. Mai 2020, Az. 19 O 108/19), das Landgericht Freiburg (13. März 2020, Az. 8 O 71/19) oder das Landgericht Oldenburg (13. Februar 2020, Az. 16 0 2884/18).

Thermofenster unzulässig

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) deutet eine sehr restriktive Haltung zu sogenannten Thermofenstern an. Temperaturabhängig gesteuerte Abschalteinrichtungen, wie das von Daimler in zahlreichen Mercedes-Modellen verwendete Thermofenster, sind vor dem EuGH am 30. April 2020 in Schlussanträgen als unzulässig bezeichnet worden.
Weiterhin hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Beschluss vom 28. Januar 2020 (Az.  VIII ZR 57/19) den Druck auf Daimler erhöht. Der BGH bemängelte, dass das Oberlandesgericht Celle (Az. 7 U 263/18) kein Gutachten eingeholt hat, um zu klären, ob die Daimler AG das Abgaskontrollsystem im Motor OM 651 mit einer Abschalteinrichtung manipuliert hat oder nicht.

Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen Mercedes können von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Es reicht, wenn der klagende Verbraucher seine Argumente schlüssig vorträgt und nicht bis ins kleinste Detail ausführt. Schließlich könne er nicht detailliert wissen, wie ein Motor funktioniere.

OLG Köln verlangt Aufklärung

Vor Gericht hat sich die Daimler AG bisher in der Regel nur höchst vage zur Funktionsweise des Thermofensters geäußert. In der Regel verweist man dabei auf Betriebsgeheimnisse, die vor Gericht nicht preisgegeben werden sollen. Das OLG Köln hat jetzt in einem Beschluss Aufklärung von Daimler verlangt. Im Einzelnen:

  1. Ab welchen Temperaturen und in welcher Weise die Abgasrückführung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gesteuert wird?
  2. Inwiefern ist dies notwendig, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und den sichern Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten?
  3. Arbeitet die Steuerung der Abgasrückführung länger als zum Anlassen des Motors erforderlich ist?

Schutz des Motors

Da in dem betroffenen Fahrzeug die Abgasrückführung über ein sogenanntes Thermofenster reguliert wird und temperaturabhängige Kontrollsysteme in einem Gutachten am EuGH als unzulässige Abschalteinrichtungen bezeichnet worden sind, soll nun geklärt werden, ob die vorhandene Abschalteinrichtung zum Schutz des Motors ausnahmsweise zulässig ist.
Dies ist laut Gutachten nur dann der Fall, wenn vor unmittelbaren und plötzlichen Schäden, zum Beispiel an der Lenkung, geschützt werden soll. Langfristigere Auswirkungen wie Abnutzung oder Wertverlust dürfen dagegen keine Rolle spielen.